12./13. Dezember 2020
Erweiterte und überarbeitete Version
Ravensburger Spectrum
Servus zum Advent 3.0 !
Zu unserer Galaxie, die wir Milchstraße nennen und die nur eine von vielen Milliarden Galaxien [rund 250 Milliarden] im Universum ist, gehören mehrere hundert Milliarden von Sterne. Unsere Sonne und ihr System gehören auch dazu. Jeder dieser Sterne ist ebenfalls eine Sonne, die wiederum Planeten um sich kreisen lässt, von denen manche - wie der blaue Planet auf dem wir leben - einen oder meist mehrere Monde hat.
Unsere Sonne zieht im kleinen Orion-Arm ihre Bahn, etwa 27.000 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxie entfernt. Erinnern wir uns. Das Licht legt in einer Sekunde 300.000 Kilometer zurück. Die Entfernung zwischen Helios (Sonne) und Terra (Erde) beträgt acht Lichtminuten.
Nun dauert es etwa 225 Millionen Jahre, bis unsere Erde das Zentrum der Milchstraße einmal umrundet hat. Ein Stern (Sonne) mit dem Namen S2 ist da deutlich schneller unterwegs: Er braucht nur 16 Jahre für eine Tour um den galaktischen Kern. Das liegt daran, dass er in unmittelbarer Nähe des galaktischen Zentrums kreist. Dort liegt ein super massives schwarzes Loch. Es heißt Sagittarius A* und ist etwa vier Millionen Mal so massereich wie unsere Sonne. Unter anderem für den Nachweis seiner Existenz gab es in diesem Jahr den Physik-Nobelpreis.
Mittlerweile sind sogar Sonnen bekannt, die dem schwarzen Loch im Herzen der Milchstraße noch ein wenig näher sind. Doch sie riskieren auf absehbare Zeit nicht, vom Galaktischen Kern verschluckt zu werden. Dafür müssten sie sich auf die Entfernung von etwa 16 Lichtminuten (doppelte Entfernung Sonne-Erde) nähern. Und darauf deutet derzeit nichts hin, die Bahnen gelten als stabil. Aber schwarze Löcher haben eine solch enorme Anziehungskraft, dass sogar das Licht von ihnen festgehalten wird und nicht aus ihnen entweichen kann. - Und da sind dann noch die Kometen (griech. kómä = Haupthaar, Mähne) die durch die Weiten ihrer Galaxie ihre Bahnen ziehen und - kommen sie einer der Sonnen zu nahe - einen sichtbaren "Schweif" hinter sich her ziehen. Ihre Bahnen sind so groß, dass der Menschen einen solchen "Allschweifer" - wenn überhaupt - nur einmal im Leben zu sehen bekommt. °°° °°° °°°
Das "Ravensburger Spectrum" dieses - in groben Strichen gezeichnete - Bild des Universums auf unsere Gesellschaft in Deutschland aber auch die Welt umspannend, auf "dich und mich" versuchen zu übertragen. Alles ist in Bewegung: Nichts ist heute so, wie es gestern war - und auch morgen wird es eine neue, noch nie dagewesene Situation geben. Die gegenseitigen Einflüsse, die guten und die schlechten, das Kreisen umeinander und um sich selbst, die Expansion und die Gefahren aus den Weiten - all das finden wir in der menschlichen Gesellschaft wieder. Finde ich. Gewiss scheint nur der Moment und Zeit war schon vor Einstein immer nur relativ. Wer mit dem Licht reisen kann - so Einsteins Theorie - für den bleibt die Zeit stehen, für den gibt es nur die "Ewigkeit".
Im Thomasevangelium, das es tatsächlich gibt, aber das es nie in die offizielle Bibel geschafft hat, heißt es an einer Stelle: "Yeshua (Jesus) sagte: 'Elend ist der Körper, der von einem anderen Körper abhängt. Und elend ist die Seele, die von beiden abhängt [Von ihrem eigenen und dem Körper eines anderen].' ".
Wenn wir unseren Blick auf den kleinen (winzigen) Ausschnitt der Milchstraße, unser Sonnensystems richten, und hier wiederum nur auf die Sonne "Helios", den Planeten (= Wanderer, umherschweifen) "Terra" und seinen Trabanten "Luna", erkennen wir sofort, was gemeint ist.
Luna kann nur leuchten, man kann auch sagen "glänzen", in Er-SCHEIN-ung treten, sich bemerkbar machen, wenn er (der Mond) sich im Lichte der Sonne befindet und sich in ihm/in ihr wider-spiegeln kann. Ansonsten ist er schwarz - und obwohl präsent - doch unsichtbar, oder "Weiß wie eine Wolke und kaum wahrnehmbar - am Himmel zu sehen. Derer Zeitgenossen in unserer Gesellschaft gibt es viele. Und wenn wir ehrlich sind, steckt ein solches "Glänzen im Spiegel anderer" in jedem von uns - mehr oder weniger. Und dass der Mond nicht in den Weiten des Universums verschwindet, hat er auch jemand anderem zu verdanken und keinesfalls sich selbst.
Doch dem "blauen Planeten" geht es da nicht viel besser. Ohne die Sonne (Helios war der Sonnengott der alten Griechen; bei den alten Ägyptern war es "Ra"), ohne ihr Licht und ihre Wärme, ohne den notwendigen Abstand von ihr, wäre sie "tot" wie der Mond und der Mars. Einzig die Sonne ist es (zumindest in unserem System), die unabhängig von anderen ist. Sie hat Licht und Wärme von Innen und aus sich selbst. Sie ist Quelle des Lebens nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für andere.
Zwar ist der homo sapiens auch ein "Wanderer, jemand der umherschweift", - wenn auch nicht mehr physisch und in dem Maße wie einst die Jäger und Sammler, so doch immer noch psychisch -, aber jeder von ihm ist aus Fleisch und Blut und hat Leben IN sich. Das heißt: Jeder von uns kann oder zumindest könnte eine Sonne sein. Ein Mensch, (hebr. = adam; dam = Blut; adama = Ackerboden) und damit ist hier der "erwachsene" und gesunde gemeint, hat nicht nur Energie für sich selbst, sondern auch für seinen Nächsten, seinen Mitmenschen, für solche, die aufgrund ihrer Vita nur noch ein "glimmender Docht" sind. Jedenfalls potentiell. Es kommt nur darauf an, ob er/sie bereit ist, diese Energie auch abzugeben, oder ob er/sie äußerlich kalt bleibt und und die Kraft für sich behält mit der Folge, dass sie ihn letztlich innerlich verbrennen wird.
Doch selbst der, der ein so erlöschendes Licht ist, oder schon kalt wie der Mond sollte wissen, dass er dennoch Einfluss auf die, die in "voller Blüte stehen" hat und haben kann. Ohne Luna keine "Ebbe und Flut". Ohne Luna keine Stabilität und Habilatität der "Erde" in ihrer Umlaufbahn um ihre Lebensspenderin. Und ohne Luna keine "Träume - in den die Zeit scheint stehen zu bleiben - mit offenen Augen." Das sollten weder diese vielen Monde unter uns und vor allem die (noch) gesunden und vitalen Erden unserer Gesellschaft nicht vergessen.
Und da gibt es dann auch noch die so genannten "schwarzen Löcher" inmitten unserer Gesellschaft. Alles muss sich um sie drehen. Was ihnen zu nahe kommt, verschlingen sie auf "nimmer wiedersehen." Sie besitzen mehr Energie, als alle anderen 82,5 Millionen (7,7 Milliarden) "Sonnen" zusammen. Sie sind losgelöst von Zeit und Raum. Sie existieren tatsächlich in einer völlig anderen Dimension. Ihre Macht und ihr Reichtum sind dermaßen stark, dermaßen "energetisch energiegeladen aufgeladen", dass sie nicht mehr in der Lage sind, davon auch nur ein Partikel abzugeben. Sie halten sich für "das Licht der Welt" - und doch ist es in ihnen "stockdunkel".
Nicht zu vergessen - die Kometen. Jene, die unser System verlassen und in den Weiten verschwinden, und doch irgendwann für eine gewisse Zeit wieder in unser Sichtfeld zurückkehren, um dann nach kurzer Zeit für weitere hundert Jahre oder mehr in die "Unendlichkeit" zurückzukehren. Als der Halleysche Komet (einer der hellsten Kometen) im Jahre 1911 am europäischen Nachthimmel erschien, sahen die damaligen Zeitgenossen in ihm eine Art "Menetekel" - ein Warnzeichen bezüglich eines zukünftigen großen Weltgeschehens. Drei Jahre später brach tatsächlich der 1. Weltkrieg aus, in dessen Kontext auch der Weltkrieg II. gesehen werden muss. 75 Jahre nach 1911 - im Jahre 1986 - erschien "Halley" wieder am europäischen Nachthimmel. Doch der westliche Mensch war inzwischen weit aufgeklärter als zu Kaisers Zeiten. Ich war damals 34 Jahre alt, und kann mich nicht daran erinnern, dass dieser Komet damals als ein "Menetekel" für die Welt verstanden wurde. Doch just drei Jahre später fiel die für die Ewigkeit gebaute Mauer, die Deutschland und Berlin, erst unsichtbar und seit 1961 auch sichtbar, getrennt hatte. Wenn das kein Weltereignis war ..!
Ob das Zufälle waren und sind, lasse ich mal dahingestellt sein. Aber "Kometen" in der Menschheitsgeschichte, ob in unseren Breitengraden, oder in Asien, Vorderasien, Afrika, Amerika ..., gab es immer wieder und wird es auch weiterhin geben. Aber sie tauchen eben sehr selten auf und sind auch selten. Ich denke dabei an die bekannten "Kometen", wie Siddartha Gautama, den Buddha, der 500 Jahre vor Jesus von Nazareth lebte; ich denke dabei an diesen Jeshua selbst, über dessen Geburtsstall ein "Komet" erschien, ich denke an Franz von Assisi, an Mahatma Gandhi, an Martin Luther King, an Nelson Mandela, an Mutter Theresa. Aber auch an jene nicht so bekannten und sogar unbekannten "Kometen" der Zeitgeschichte und unserer eigenen Vita. Leider gibt es aber auch und gab es die "Kometen des Unheils" am Nachthimmel der Menschheit. Ich werde sie hier nicht nennen ...
Genug der Parallelitäten. Morgen entzünden wir eine weiter Kerze zum Advent 3.0. Vielen von uns ist gar nicht (mehr) klar, warum wir das eigentlich tun. Diese Tradition des "jeden Sonntag eine Kerze mehr" soll ein Hinweis auf Jenen sein, der am Ende als wahres "Licht der Welt" in einem Futtertrog in einer kalten Höhle geboren wurde, der seine Energie nicht für sich behalten, sondern anderen durch sie das Leben ermöglicht hat. Und zwar nicht irgendwie metaphorisch mit blondem, lockigen Haar, sondern ganz praktisch im wahren Leben, mit letztlich blutigem Schopf unter einer Dornenkrone.
Nach ihm bis heute, gab es immer wieder solche Menschen. Leider viel zu wenig. So wenig, dass wir sie fast an zwei Händen abzählen können. Menschen, deren Vorbild bis in die Gegenwart leuchtet. Das aber muss nicht so bleiben ...
(c) Stefan Weinert, 2020
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Die Zahl der in Auschwitz Getöteten lässt sich nur schätzen. Viele Deportierte wurden in Auschwitz nicht registriert, sondern gleich vergast und verbrannt. Nach dem Krieg vermutete man zunächst 2,5 bis 4 Millionen Tote, da die Nazis die Zahlen offenbar selbst übertrieben hatten. Heute gehen Forscher davon aus, dass mindestens 1,3 Millionen Menschen nach Auschwitz deportiert wurden. 1,1 Millionen (davon 1 Million Juden) von ihnen starben. Insgesamt wurden während der Nazizeit 5,6 bis 6,3 Millionen europäische Juden getötet. ---
"Zuerst kamen die Frauen mit den Kindern hinein, hernach die Männer. Die Tür wurde schnell zugeschraubt und das Gas in einen Luftschacht geworfen. Durch das Beobachtungsfenster konnte man sehen, dass die dem Einwurfschacht am nächsten Stehenden sofort tot umfielen. Die anderen fingen an zu taumeln, zu schreien und nach Luft zu ringen. Das Schreien ging bald in ein Röcheln über, und in wenigen Minuten lagen alle. Eine halbe Stunde nach dem Einwurf des Gases wurde die Tür geöffnet und die Entlüftungsanlage eingeschaltet. Den Leichen wurden nun durch das Sonderkommando die Goldzähne entfernt und den Frauen die Haare abgeschnitten. Hiernach wurden sie durch den Aufzug nach oben gebracht vor die inzwischen angeheizten Öfen." - Erinnerungen von Lagerkommandant Rudolf Höß, Auschwitz. ---
Lampenschirme aus Menschenhaut: "Im Herbst 1940 war SS-Hauptsturmführer Müller in der Pathologischen Abteilung tätig. Müller gab die Anregung, Tätowierungen von Körpern verstorbener oder getöteter Häftlinge abzulösen, die Haut zu gerben und Lampenschirme aus dieser Haut herzustellen. Er berief sich bei Übermittlung dieses Auftrages an mich auf einen Befehl aus Berlin. Wiederholt wurden Hunderte von Stücken tätowierter Haut auf die verschiedenste Art gegerbt und an den Chef des Amtes D III des Wirtschafts- und Verwaltungsapparates der SS in Berlin, den Standartenführer Lolling, übersandt. Lolling war bis Ende des Krieges leitender Arzt aller Konzentrationslager Deutschlands. Aus einem Fernschreiben Lollings an den SS-Standort-Arzt in Weimar-Buchenwald vom 17. 4. 1944 geht hervor, dass dort zu diesem Zeitpunkt 142 Stück Tätowierungen lagen."
Die oben zitierte Aussage des österreichischen Häftlings Gustav Wegerer in Buchenwald vom 23. April 1945 wird von anderer Seite mehrfach bestätigt. So zum Beispiel durch den französischen Mediziner Alfred Balachowsky, ebenfalls Buchenwald-Häftling, der am 29. Januar 1946 im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess als Zeuge auftrat: M. Dubost: "Gab es viele tätowierte Menschenhäute in Block 2?" Balachowsky: "Es gab stets tätowierte Menschenhäute in Block 2. Ich weiß nicht, ob es viele waren, weil ständig Häute hereinkamen und wieder weitergegeben wurden; es gab nicht nur tätowierte, sondern auch einfach gegerbte Häute, die nicht tätowiert waren."
M. Dubost: "Man hat also Menschen gehäutet?" Balachowsky: "Man hat die Haut abgezogen und dann gegerbt. . . . Ich sah SS-Männer aus Block 2, dem Pathologischen Block, mit gegerbten Häuten unter dem Arm herauskommen. Ich weiß von Kameraden, die in Block 2 arbeiteten, dass dort Bestellungen auf Häute eingegangen sind, und dass diese gegerbten Häute einigen Wachposten und Besuchern geschenkt wurden, die sie zum Einbinden von Büchern benutzten. . . als die Amerikaner das Lager befreiten, haben sie am 11. April 1945 im Block 2 noch tätowierte und gegerbte Häute gefunden. Die Amerikaner fanden auch einen Lampenschirm aus gegerbter tätowierter Menschenhaut, der aus der Wohnung des ehemaligen Kommandanten des Konzentrationslagers Buchenwald, Karl Koch, stammen soll." - Hellmuth Auerbach
Quellen: Internationales Buchenwald-Komitee (Hrsg.), Buchenwald. Mahnung und Verpflichtung. Dokumente und Berichte. Frankfurt a. M. 1960 (Lolling-FS, Abb. 37, Zitat Wegerer, S.158); Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Nürnberg 1947, Band VI (Zitat S. 347f.); Arthur L. Smith jr., Die "Hexe von Buchenwald . Der Fall Ilse Koch. Köln 1983.
Unterhalten sich ein Kirchturm und ein Minarett. Sagt der Kirchturm:
"Wenn ich meine Glocken läute, dann rufe ich die Menschen auf, die
Wahrheit zu hören." Sagt das Minarett: "Wenn der Muezzin von meiner
Empore ruft, dann tut er dasselbe." Meint der Kirchturm: "Dann
könnten wir uns doch eigentlich zusammen tun." Und das Minarett darauf:
"Das wäre gut, dann hätte ich endlich auch eine Uhr."
Nicht nur Moscheen haben ihre Türme (Minarett), sondern seit dem
6. Jahrhundert (Italien) auch die christlichen Kirchen. Zunächst waren es
vereinzelt freistehende Glockentürme. Es gibt für Kirchtürme KEINE theologische
Begründung. Die christlichen Baumeister ließen sich jedoch von den
mesopotamischen Zikkurats (Turmbau zu Babel) inspirieren, wobei es um die Idee
des himmelhohen Turms ging. Die Mythologie sagt: Ein Turm verbindet die Erde
mit dem Himmel, er ist ein Stein gewordener Heiliger Lebensbaum. Mit dem
Turmbau versuchen Menschen, dem Himmel möglichst nahe zu kommen.
Der Kirchturm hatte aber nicht nur die Funktion des Glockenturms.
Besonders in den Deutschen und Niederländischen Pfarrkirchen der Spätgotik
wurde der Turm zum Symbol kommunalen Ehrgeizes, bei dem die profane Ruhmsucht
sich mit dem Gotteslob verbindet, bis hin zu doppel-türmigen Kirchen in der
Zeit des Barocks in Süddeutschland (Zwiefalten), oder am Rhein (Köln). Dass der
Kirchenturm als repräsentatives Symbol von Macht und Größe kritisch
wahrgenommen wird, zeigt sich darin, dass die auf Demut und Bescheidenheit
zielenden Orden der Zisterzienser, Dominikaner und Franziskaner ein Verbot von
Kirchtürmen für ihre Klöster erließen. Mit der Neogotik wurden Türme wieder zu
herausragenden, städtebaulich wirksamen Symbolbauten der christlichen
Gesellschaft, die zunehmend in Konkurrenz mit profanen Hochbauten für Industrie
und Wirtschaft traten. Turmvollendungen gotischer Kathedralen, wie Kölner Dom
und Ulmer Münster, führten zu einer Kirchturmblüte.
Der Kirchturm als solcher entwickelte sich erst richtig in
romanischer Zeit, als mit der Rekonquista (Zurückeroberung muslimisch besetzter
Gebiete in Spanien und Portugal) und den Kreuzzügen der Baukörper des Minaretts
in die Kirchenarchitektur aufgenommen wurde. Im Grunde ist der christliche
Kirchturm nichts anderes, als die Antwort auf das muslimische Minarett.
Während in einigen Religionen
der Turm offensichtlich als Symbol für den männlichen Penis verwendet
wird, wie etwa als Lingam im Buddhismus, wehren sich Christen und Muslime gegen
diese Interpretation. Vielmehr ginge es bei Minarett und Kirchturm um das
"höher, zu Gott" und dem akustischen Vorteil für Glocken und dem ruf
des Muezzin. Seit Sigmund Freud ist es in Mode gekommen, den Turm als
Phallussymbol zu erkennen. Er wird seitdem mit männlichen
Eigenschaften verknüpft und steht für Schutz, Mut, Machbarkeit, Machtanspruch
aber auch Größenwahn und Technikherrlichkeit (siehe die Wolkenkratzer).
Günter Walraff sagte: "Ein in den Himmel ragender Kirchturm
signalisiert doch auch einen Anspruch. Moscheen mit Kuppel wirken ohne Minarett
auf mich bedrohlicher als mit, weil sie mich immer an Atommeiler erinnern. Da
ist mir das Minarett deutlich lieber. Und wenn die Muslime meinen, auch sie
bräuchten ihr steinernes Phallus-Symbol - sollen sie es doch haben! Über
Penisneid können sich die Minarett-Gegner ja dann gerne bei Sigmund Freud
schlau machen. Dieses Hin und
Her um die Minarette ist ohnehin die völlig falsche Diskussion. Was in den
Moscheen gepredigt wird. Darum geht es."
Der derzeitiger Stand: Das Ulmer Münster wurde 1890 gebaut und hat
mit dem 161,53 m hohen Turm den höchste Kirchturm der Welt. Das mit 210 Metern höchste Minarett der
Welt befindet sich in Casablanca als Bestandteil der Hassan-II.-Moschee. Mit einer Höhe von 127 Metern soll Phra
Pathom Chedi in Thailand der höchste Stupa der Welt sein. In Polen steht seit
2010 die größte Christus-Statue der Welt: sie ist mit 36 Metern höher als das
bekannte Vorbild in Rio de Janeiro. Split (Kroatien) plant diese mit einer 39
Meter hohen Statue zu übertrumpfen.
Ravensburger Spectrum
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Ecce homo 2.0
Von Stefan Weinert
Es war C.G. Jung (1875 bis 1961), der auf den Widerspruch zwischen dem patriarchalischen Ideal der Vollkommenheit und dem matriarchalischen Wunschgedanken der Vollständigkeit hinwies. Die Frage für uns muss immer sein, ob wir in unserem Gesundheits- und Sozialsystem mit den nach Hilfe suchenden Menschen nur nach „Recht und Ordnung“, also mit „väterlicher“ Strenge verfahren, oder ob es auch noch Raum und Geld für Verständnis, Interesse und „mütterliche“ Güte gibt. Es sollte daher in erster Linie dem Hilfe Suchenden gegenüber nicht heißen, „Mit welchen Gesetzen stimmst du überein, gegen welche Verordnungen hast du verstoßen, und wie passt du überhaupt in den Kontext (Ziel und Zweck) unseres Systems?“ Sondern die ersten Fragen diesem Mitmenschen gegenüber sollten sein: „Was bist du für ein Mensch? Was geht in dir vor sich? Woran leidest du am meisten?“
Es darf eben nicht nur darum gehen, ob sich der Mensch für unsere Gesellschaft rechnet, sondern ob die Gesellschaft auf den momentan im Abseits stehenden Menschen zählt. Fakt und Realität ist, dass wir in einer Welt leben, in der der Mensch mehr und mehr als „Anwendungsfall für Gesetze“ (Drewermann) reduziert wird, als Verschiebematerial für Manager fungiert, oder einfach nur noch als Objekt der Begierde der Geschäftswelt gesehen wird. Die Natur kennt keine Gnade vor dem Individuum. In ihr überlebt nur der/das „Fitteste“ und vor allem der/das Angepasste (Darwin).
Genauso aber ist es in unserer modernen Gesellschaft, weil wir leider vermehrt vergessen haben und/oder ausblenden, dass wir als Menschen (homo sapiens sapiens) nicht zur Fauna und Flora gehören, die kein „Gewissen“ kennen, sondern nur von „Überlebensinstinkten“ gelenkt werden. „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will,“ hatte einst Albert Schweizer (1875 bis 1965) gesagt – und er hat „vorgelebt“, wie das für jeden Menschen möglich sein kann.
Von daher wäre es wünschenswert, wenn in all denen Arbeitsfeldern, wo es um den direkten und helfenden Kontakt zum und mit dem Menschen geht – Arzt, Pfleger, Lehrer, Pfarrer, Sozialarbeiter, Bewährungshelfer, Jobcenter, Krankenkasse, rechtlicher Betreuer, Therapeut - diese Philosophie, dieses Menschenbild eine Selbstverständlichkeit ist. Nun mag der eine oder andere behaupten, das Dinge wie emotionale Kompetenz und Intelligenz, soziale Kompetenz und Intelligenz, sprich Emphathie (die weit über die Sympathie hinausgeht) aufgrund der eigenen Vita und damit dem eigenen „Inner working model“ nicht jedem gegeben sind. Denn gerade diese Dinge sind die Prämissen für dieses Menschenbild. Diese Annahme ist ernst zu nehmen und zunächst einmal auch zutreffend.
Vom „inner working model" spricht man in Bezug auf die individuellen
frühen Bindungserfahrungen und die
daraus abgeleiteten Erwartungen, die ein Kind und später der Erwachsene gegenüber
menschlichen Beziehungen hegt. Sie dienen dazu, das Verhalten der
Bindungsperson zu interpretieren. Nach
der Entwicklung im ersten Lebensjahr gegenüber der Mutter, wird das "inner
working model" zunehmend stabiler und entwickelt sich letztlich zu einem Bindungsschema. Wesentlich ist, zu bedenken, dass die sich entwickelnden
Bindungstypen aus der Eltern-Kind-Beziehung hervorgehen und
somit auch später eine zwischenmenschliche Qualität spiegeln, in die das
Verhalten beider Seiten einfließt. Dabei ist für die spätere Bindungsqualität
die Feinfühligkeit
(= der Situation angemessenes umgehendes Reagieren) entscheidend.
Das „inner working model“ ist nicht unbedingt als Spiegelbild des Temperaments
oder Charakters des Einzelnen zu sehen, sondern primär als Ausdruck
der in der Vergangenheit erlebten zwischenmenschlichen wechselseitigen
Verhaltens des „Ich“ und den
Bezugspersonen, und überhaupt für jede Art der Wechselwirkung oder
wechselseitigen Bedingtheit im sozialen
Kontext. Das „inner working model“ eines
Menschen ist nicht von vornherein für alle Zeiten determiniert, sondern kann
sich im Laufe der persönlichen Vita – wenn man denn lernbereit und kritikfähig
ist und sich nicht nur mit „Seinesgleichen“ umgibt – verändern. Wichtig dabei
ist, dass der Einzelne die Herausforderungen des Lebens annimmt und /oder diese
gerade auch sucht.
Unser Gesellschafts- und Sozialsystem kennt viele helfende
Einrichtungen, durch die dem Hilfe Suchenden zwar formell und meist auch nur punktuell die ihm
zustehende Unterstützung gegeben wird und auch aus rechtlichen Gründen gegeben
werden muss, doch das wirkliche Interesse an der Person, die hinter dem Problem
steht, fehlt oder darf aus Zeitgründen oder Gründen der
„Unternehmens/Behörden-Philosophie“ keine Rolle spielen. Die Gleichgültigkeit in mancher Amtsstube ist groß und es gibt
Mitarbeiter*innen in Einrichtungen, die ihr Klientel unsensibel abspeisen, ihr
nicht richtig zuhören und deshalb auch unangemessen handeln. Abgesehen davon,
wird überwiegend separiert gearbeitet,
so dass die eine Stelle – selbst im eigenen Haus – nicht weiß, was die andere
in Bezug auf ein und denselben Klienten
getan hat, bzw. gedenkt zu tun.
Zu diesem Thema passend, sagte einst Sigmund Freud, „dass die Gesellschaft dem Menschen
von Außen Regeln aufzwingen musste, um die Wogen des Gefühlsüberschwanges zu
bändigen, die Innen allzu ungehemmt aufwallen.“ Und in der Tat, wer Gefühle
zulässt, sie auf sich wirken lässt, sie erwidert oder gar in seine
Entscheidungen mit einbezieht, kann natürlich nicht mehr sachlich und nach (vor
allem deutschen) Recht und Ordnung
entscheiden.
Mag sich auch unser Erdklima für alle spürbar erwärmen und mögen die Polarkappen mehr und mehr abschmelzen – in unserer „sozialen“ Gesellschaft gehen wir einer Eiszeit entgegen. Ich rede von der Kälte und Lieblosigkeit, mit denen so mancher Hilfe Suchende in den Büros (Lesen, Schreiben, Rechnen) und Wartezonen bedacht wird, wo er nur als Objekt, Kostenfaktor, Nummer und Fall behandelt wird, nicht aber als Subjekt, das leidet, fühlt, hofft, Wünsche und Bedürfnisse hat und in dem einmalige Möglichkeiten liegen, wenn sie denn nur wach gerufen würden. Der Mond, der Erdtrabant, der sich vor Milliarden von Jahren von ihr abgelöst hat, und sich jährlich weiterhin um exakt 3,8 Zentimeter von ihr, dem noch blauen Planeten entfernt, führt uns Monat für Monat, Jahr für Jahr vor Augen, worauf die Erde zusteuert: auf etwas Totes, Kaltes und Lebloses. Und das gilt nicht nur zeitgeschichtlich und astronomisch gerechnet in Lichtjahren, sondern auch im übertragenen Sinne gesellschaftlich, gerechnet in Dekaden.
(Aus: „Handbuch Case Management - ein Plädoyer für das perspektivische Case Management“, Stefan Weinert, 2009 ©)
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