RaSp / CPH / SW
Erinnert sich die Leserschaft an den "NASA"-Artikel, den das "Ravensburger Spectrum" vor vier Wochen hier abgedruckt hatte? Vielleicht gibt es auch den oder die andere/n, die sich nicht daran erinnern wollen. Damals - also mitten in der Impfeuphorie auch in Baden-Württemberg schrieben wir:
" Die NASA schickte Neil Armstrong und dessen Crew erst dann auf die Reise, nachdem sie jahrelang und akribisch gerechnet hatten - überwiegend noch mit Rechenschiebern und Computern der 1. Generation, die weit vor Steve Jobs programmiert wurden - und Versuche unternahmen, um ganz (= hundertpro) sicher zu sein, dass nicht nur die Mondlandung selbst funktioniert, sondern die drei Männer auch lebend zur Erde zurück kehren.
Alle Fragen - und das waren sehr viele - mussten klar und zufrieden stellend beantwortet sein, bevor das "GO" von Mission Control erteilt werden konnte. Dass trotzdem bei all diesen akribischen Vorbereitungen was schief gehen kann, bzw. nicht so "fliegt" wie es eigentlich sollte, hat dann "Apollo 13" gezeigt. Wie viel mehr könnte bei so vielen ungeklärten Fragen in Sachen Corona schief gehen?
Dann folgte eine Aufzählung von fragwürdigen Punkten, die sie hier nachlesen können *) siehe ganz unten.
Heute - 26. Janauar 2021 - bringt t-online einen aktuellen und umfassenden Bericht über das Impfstoff-Desaster. Irgendwie wissen wir uns damit mit unserer Zurückhaltung von vor vier Wochen bestätigt.
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Immer neue Probleme: Erst gestanden die Hersteller ein, weniger Impfstoff gegen das Coronavirus zu liefern, nun gibt es Zweifel an der Wirksamkeit. Die wichtigsten Fragen – und Antworten.
Bis vor Kurzem sah es noch so aus, als verlaufe der Impfstart in Deutschland holprig. Doch das ist inzwischen fast schon eine beschönigende Beschreibung. Die Massenimpfung, die eigentlich den Weg zum Licht am Ende des Corona-Tunnels weisen soll, wirkt derzeit eher wie eine Dunkelkammer, in der alle Beteiligten hilflos herumtapsen.
Das zeigen allein schon vier schlechte Nachrichten der vergangenen Tage:
Die Verwirrung ist derzeit so groß wie die Sorge, dass sich Corona eben doch nicht so leicht besiegen lässt, wie viele es sich zuletzt erhofften. Auf viele Fragen, die sich stellen, gibt es derzeit keine abschließenden Antworten. Aber wir versuchen hier, den aktuellen Wissensstand wiederzugeben.
Der Impfstoff des britisch-schwedischen Arzneimittelkonzerns Astrazeneca basiert auf modifizierten Adenoviren, die bei Schimpansen Erkältungen auslösen, für den Menschen aber harmlos sind. Das Schnupfenvirus wird mit Bestandteilen des Coronavirus SARS-CoV-2 bestückt. Die menschliche Immunabwehr reagiert im Idealfall auf dieses harmlose, als SARS-CoV-2 getarnte Virus, indem es Antikörper gegen das tatsächliche Coronavirus produziert. Vektorvirenimpfstoffe. Das Prinzip, Adenoviren als Vektor zu nehmen, ist bereits seit mehreren Jahrzehnten erprobt. Impfstoffe auf dieser Basis werden gegen HIV, Zika und Ebola in klinischen Studien getestet.
Vektorvirenimpfstoffe können aber auch Risiken bergen: Falls eine Person schon einmal Kontakt mit dem Vektorvirus hatte und in der Folge dagegen eine Immunität entwickelt hat, kann das die Wirksamkeit des betreffenden Vektorvirenimpfstoffes beeinträchtigen.
Die Resultate zur Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten hat Astrazeneca im Fachblatt "The Lancet" veröffentlicht. Demnach ist der Impfstoff sicher und bietet nach Gabe zweier Dosen einen Schutz von etwa 70 Prozent vor der Erkrankung mit Covid-19. Dazu wurden die Daten von 11.636 Impfteilnehmern aus Großbritannien und Brasilien analysiert.
Die Zwischenergebnisse aus Phase III beziehen sich aber vorrangig auf eine Gruppe mit bis zu 55-jährigen Probanden. Ältere Personen waren in den klinischen Studien kaum vertreten. Das merkte bereits die britische Zulassungsbehörde MHRA an – und erteilte dem Impfstoff dennoch eine Notfallzulassung in Großbritannien.
Ein Bericht des "Handelsblatt" behauptet nun aber, der Astrazeneca-Impfstoff habe bei Menschen ab 65 Jahren nur eine Wirksamkeit von acht Prozent. Er wäre damit praktisch unbrauchbar für die Gruppe Älterer. Das Unternehmen selbst wies die Berichte sofort deutlich zurück. Sie seien "komplett falsch". Auch das Gesundheitsministerium ist nicht überzeugt und liefert eine mögliche Erklärung: "Auf den ersten Blick scheint es so, dass in den Berichten zwei Dinge verwechselt wurden: Rund acht Prozent der Probanden der Astrazeneca Wirksamkeitsstudie waren zwischen 56 und 69 Jahren, nur 3 bis 4 Prozent über 70 Jahre. Daraus lässt sich aber nicht eine Wirksamkeit von nur acht Prozent bei Älteren ableiten."
Fakt ist: Die Daten zur Schutzwirkung bei älteren Menschen sind laut Forschern bislang nur bedingt aussagekräftig. In Deutschland werden nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) Studien mit demselben Impfstoffkandidaten oder einem Impfstoffkandidaten mit demselben Vektor nicht durchgeführt. Es müssten daher die finalen Studiendaten des Herstellers abgewartet werden, um ein abschließendes Urteil über die Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffes zu fällen.
Das Gesundheitsministerium verweist darauf, dass die Europäische Arzneimittelagentur Ema die Studien auswerte und wohl am Freitag ihr Ergebnis präsentiert – inklusiver einer möglichen Zulassung des Impfstoffs in der EU.
Auch das Mittel des US-Pharmariesen Johnson & Johnson nutzt die Vektortechnologie. Die kürzlich veröffentlichten Zwischenergebnisse der Erprobung haben gezeigt, dass bereits nach der ersten Impfdosis bei über 90 Prozent der Probanden neutralisierende Antikörper auftauchten – allerdings nur bei Impfprobanden im Alter von 18 bis 55 Jahren. Das heißt, auch beim Johnson & Johnson-Impfstoff fehlen noch Daten zur Dauerhaftigkeit der Immunreaktion bei älteren Menschen. Dem Hersteller zufolge sollen sie Ende Januar veröffentlicht und dann von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (Ema) genau geprüft werden.
Dass ältere Menschen, besonders solche, die älter sind als 65 Jahre, kaum an den Tests von Corona-Impfstoffen beteiligt sind, ist ein generelles Problem. Eine US-Studie hat gezeigt, dass häufig die Designs der klinischen Studien ältere Menschen direkt oder indirekt von den Versuchen ausschließen. Oft gibt es eine Begrenzung des maximalen Alters oder bestimmte Vorerkrankungen werden von vornherein ausgeschlossen. Experten kritisieren dies aufs Schärfste, da Senioren zu den am meisten durch Corona gefährdeten Gruppen gehören.
Auch, wenn der Schutzeffekt im Vergleich zu den bereits zugelassenen Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna deutlich geringer zu sein scheint, ist die Zulassung durch die Ema sehr wahrscheinlich. Möglicherweise erhält der Impfstoff in der EU aber nur eine Zulassung für unter 65-Jährige.
"Grundsätzlich ist es wichtig, dass wir mehrere Impfstoffprodukte entwickeln gegen Covid-19", heißt es auf der Webseite des Paul-Ehrlich-Instituts. Denn man brauche verschiedene Hersteller – auch mit unterschiedlichen Technologien oder Impfstoffprodukten, die wiederum verschiedene Eigenschaften aufwiesen.
Sollte sich die geringe Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffs für die Risikogruppe aber bestätigen, müsste die nach Alter gestaffelte Impfreihenfolge überarbeitet werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat bereits angekündigt, dies zu überprüfen.
Unabhängig davon, wie die einzelnen Impfstoffe wirken: Es gibt derzeit insgesamt in der EU zu wenig Impfstoff. Die USA, Großbritannien und Israel zum Beispiel haben längst einen deutlich höheren Anteil der Bevölkerung geimpft als die EU-Staaten.
Ein hochrangiger Vertreter aus EU-Kreisen sagte es t-online deshalb deutlich: "Wir hätten einfach doppelt so viel Geld in die Hand nehmen müssen und doppelt so viel Impfstoff bestellen. Dann würde das jetzt alles flüssiger laufen." In der EU wurde demnach im vergangenen Sommer zu zögerlich bestellt. Insider gehen davon aus, dass insgesamt nur 2 bis 2,5 Milliarden Euro aufgewendet wurden für die Bestellung von Impfstoff. Dieses Geld wurde jedoch erst nach und nach zur Verfügung gestellt – sodass die Produktionskapazität der Hersteller erst spät erhöht wurde. Vorher war ihnen das wirtschaftliche Risiko offenbar zu groß.
Jedoch muss die EU jetzt mit weiteren Staaten verhandeln: Die USA haben ein Exportverbot verhängt, auch das benachbarte Kanada wird nun nicht mehr ausreichend mit dem Biontech-Impfstoff versorgt.
Sicher ist: Für die unterschiedliche Wirksamkeit der Impfstoffe kann die Bundesregierung natürlich genauso wenig wie die EU-Kommission. Das ist das Problem der jeweiligen Hersteller. Durchaus im Verantwortungsbereich der Bundesregierung liegt jedoch die Organisation des Impfens: In etlichen Bundesländern wird darüber geklagt, dass keine Impftermine gemacht werden können, Hotlines nicht erreichbar sind, die Server der Webseiten regelmäßig zusammenbrechen.
Hinzu kommt noch, dass sich die Bundesregierung möglicherweise zu wenig in die Verhandlungen der EU mit den Impfstoffherstellern eingemischt und ärmeren EU-Staaten, die beim Kauf teurer Produkte zögerlich waren, etwa vorgeschlagen hat, einen Teil der Mehrkosten zu übernehmen. Das wäre für Deutschland wahrscheinlich immer noch günstiger gewesen als ein längerer Lockdown angesichts der Knappheit.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schätzt, dass derzeit etwa fünf bis zehn Mal so viel Impfstoff verimpft werden könnte – wäre er denn verfügbar. In den jeweiligen Impfzentren wären die logistischen Möglichkeiten vorhanden. Jedoch ist bislang zu wenig Impfstoff eingetroffen. Gesundheitsminister Jens Spahn geht mittlerweile davon aus, dass im ersten Halbjahr wohl nur 25 Millionen Menschen geimpft werden.
Die Länder organisieren die Impfungen selbstständig. Auf die Beschaffung des Impfstoffs haben sie aber keinerlei Einfluss. "Wir sind nur eine Lieferadresse", heißt es dazu aus einem Land. Das führt dazu, dass es schon seit längerer Zeit aus vielen Ländern große Kritik an unzuverlässigen Lieferungen gibt. Einerseits, weil es aus den Ländern heißt, man könne eigentlich wesentlich mehr impfen, wenn es mehr Impfstoffgäbe. Andererseits aber auch, weil verschobene Liefertermine jedes Mal zu Problemen bei den Impfterminen führen – und zu Frust.
Wie viel Impfstoff die Länder jetzt zu welchem Zeitpunkt von Astrazeneca erwarten können, das wisse man schlicht noch nicht, heißt es aus Nordrhein-Westfalen.Mecklenburg-Vorpommern teilt auf Anfrage mit, dass sich die Länder da derzeit "in der Klärung mit dem Bund" befinden.
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*) >>> Die Vorbereitungszeit von 5 bis 7 Jahre (Mondflug und Testphase Impfstoff) wurde nicht eingehalten. Es gibt wichtige Fragen, die bis heute nicht beantwortet sind, und trotzdem wird schon geimpft.
>>> Ungeklärt ist immer noch die Frage, ob sich die englische Mutante B.1.17 (die es bereits seit November auch in der BRD gibt, lese hier !!!) des Covid-19 dem Impfstoff "beugt".
>>> Unklar ist auch, wie lange - wenn überhaupt - der Impfstoff den Patienten immunisiert. Acht Monate? Oder mehr? Oder doch weniger?
>>> Nicht geklärt sind die Fragen, ob der Impfstoff "nur" vor einem schweren Krankheitsverlauf (Vordringen des Virus in die Lunge) oder auch vor einer grundsätzlichen Infektion (Virus im Rachenraum) schützt.
>>> Und welchen Abwehr- und Verbreitungsstatus (aktiv passiv) hat der/die Geimpfte in den drei Wochen zwischen Impfung 01 und Impfung 02?
>>> Wird genügend Impfstoff nachproduziert werden können, um das geplante "Impftempo" bis zur "Herdenimmunität = ~ 65 Millionen Doppelimpfungen" einhalten zu können? Was, wenn nach acht Monaten Immunität (Ende August 2021) erst 30 Millionen Doppelimpfungen vorgenommen werden konnten? Jens Spahn jedenfalls hat heute eine Lizenzvergabe des derzeitigen Impfstoffes an andere Firmen abgelehnt.
>>> Die abstrus tiefe Aufbewahrungstemperatur von minus 70 Grad Celsius *) ist ein weiterer Unsicherheits- und Risikofaktor. Dafür braucht es teure Spezialtiefkühltruhen/taschen, die Mikroprozessor gesteuert und aus Edelstahl gefertig sind. Diese -70 C° müssen bis zum Eingang in den Impfzentren vor Ort eingehalten werden. Und dann ist dieser bei Kühlschranktemperatur nur 5 Tage haltbar.
*) Eine handelsübliche Tiefkühltruhe für den Haushalt bringt es auf lediglich minus 26 Grad Celsius. Die tiefste jemals in Deutschland gemessene Temperatur lag bei minus 37, 8 Grad Celsius. Das war am 12. Februar 1929 in Wolnzach (Pfaffenhofen/Bayern).
>>> Was, wenn auf der "Hälfte der Strecke" der Crew der Sauerstoff droht auszugehen (Apollo 13)? Sprich, eine oder alle der bisher nicht beantworteten Fragen sich nicht so auflösen, wie erhofft. Niemals hätte die NASA ihre "Boys" unter dieser Prämisse losgeschickt.
Und auch der norwegische Forscher Roald Amundsen hat nur deswegen seinen Weg zum Südpol und zurück überlebt (und dann noch als Sieger!), weil er sich jahrelang in den skandinavischen Hochtälern in den Wintern auf diese Expedition vorbereitet und trainiert hat. Er wusste auch, wie die Eskimos der Arktis sich ernähren, und nahm daher genug "Pemmikan" (Mischung aus Dörrfleisch und Fett) und Skier mit auf die Expedition. Sein Gegenspieler Robert Falcon Scott aus England tat das alles nicht und nahm - statt wie Amundsen Polarschlittenhunde für den Transport der Zelte und Depots - Pferde und Motorschlitten mit auf die Reise.
Scott war sich ganz sicher, dass das Britische Empire auch hier in Sachen Eroberung unschlagbar war. Aber er kam erst Wochen nach Amundsen am Südpol an und starb an Hunger und Erfrierungen auf dem Rückweg - nur wenige Kilometer vor einem der rettenden Zwischen-Depots.
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